Die Digitalisierung hält auch in den Schuldscheinmarkt Einzug. Immer mehr Transaktionen im Primärmarkt werden auf elektronischen Plattformen angeboten. Der Trend ist noch relativ frisch, findet aber regen Zuspruch sowohl auf Seite der Emittenten, als auch der Arrangeure und Investoren. Ziel ist es, von der Kommunikation zwischen Emittent und begleitender Bank bis hin zur Investorenkommunikation, der Einladung ausgewählter Investoren über die Platzierung von Orders bis hin zu Allokation und Abwicklung alles über eine elektronische, internetbasierte Plattform laufen zu lassen. Mit Ausnahme der Erste Bank haben die derzeit gängigen Plattformen mit Blockchain zwar noch nichts zu tun, das Thema steht aber im Raum.

Meist werden günstige Transaktionskosten und Effizienz als Hauptgründe genannt. Da die meisten elektronischen Schuldschein-Plattformen aber von großen Banken betrieben werden, die als Lead-Manager pitchen, dürfte auch die Schaffung einer gewissen Markt- und Vormachtstellung eine Rolle auf Seite der Banken als Betreiber spielen. Die Vielzahl der neu auf den Markt gekommenen Plattformen sollte sich über die kommenden Jahren konsolidieren. Investoren bevorzugen klar eine einzige Plattform, auf der alle Marktteilnehmer zusammen kommen, und können der aktuell immer größer werdenden Vielfalt an neuen Plattformen kaum folgen.

Elektronische Plattformen schaffen in jedem Fall ein gewisses Maß an Transparenz und Effizienz. Dadurch könnte es sich auch für sehr kleine Emissionen lohnen, an den Markt zu kommen. Die Plattformen werden also eher für kleinere Emittenten für kleinere Emissionen attraktiv sein. Eine weitere Zielgruppe könnten Unternehmen sein, die bereits mehrere Schuldscheinemissionen platziert haben und mit dem Prozess und dem Instrument gut vertraut sind.

Derzeit steht die Entwicklung noch relativ am Beginn. Wohin die Reise geht ist derzeit nicht zu sagen, möglich sind aber durchaus auch Modelle, in denen Emittenten direkt an Investoren herantreten, ohne eine begleitende Emissionsbank einzuschalten. Gerade das Schuldscheinsegment könnte sich aufgrund seiner geringen Anforderungen an Dokumentation, Publizität und Komplexität dafür eignen.

VC Trade

Die Plattform des Unternehmens Value Concept ging 2018 an den Start. Die erste Emission war ein 10-jähriges Schuldscheindarlehen der österreichischen Verbund AG. Mit Stand Februar 2019 wurden bereits 32 Emissionen aus dem Bereich Schuldscheindarlehen und Namensschuldverschreibungen über die Plattform emittiert, mit einem Volumen von insgesamt 4 Milliarden Euro. Laut dem Unternehmen sind bereits 280 Investoren angebunden, sowie sieben arrangierende Banken. Helaba und BayernLB nehmen unter den Arrangern eine führende Rolle ein. Ebenfalls mit dabei ist die RBI. Im Februar 2019 wurden 150 Millionen Euro von Fraport auf der Plattform VC Trade angeboten. Das Angebot bestand aus zwei Tranchen, einmal fix verzinst 5 Jahre bei 40-50bps sowie fix verzinst 10 Jahre bei 65-75bps. Das Volumen wurde von den zunächst geplanten 100 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro aufgestockt.

Debtvision

Die Schuldscheinplattform von LBBW und Börse Stuttgart wurde im Sommer 2018 gegründet. Über eine elektronische Oberfläche können Emittenten ihre Schuldschein-Transaktionen selbst managen. Die LBBW fungiert bei den Emissionen automatisch als Zahlstelle. Institutionelle Investoren können die Transaktionen internetbasiert verfolgen, ihre Order platzieren und die Abwicklung elektronische vornehmen. Mittlerweile hat bereits eine Handvoll Unternehmen die Plattform von Debtvision genutzt, darunter Faurecia, BayWa, Grenke Finance, Müller Holding, Freenet, SES, Valora Gruppe, AMAG Austria Metall und die KfW.

Synd-X

Die Plattform von HSBC Trinkaus & Burkhardt AG, der deutschen Tochter der HSBC, ist eine exklusive Plattform der HSBC für Schuldschein-Emissionen und seit Ende 2018 auf dem Markt. Zusätzlich bietet HSBC den Emittenten noch eine Reihe von Bank- und Beratungsleistungen an.

Erste Bank Blockchain-Plattform

Die österreichische Erste Bank hat in 2018 erstmals einen Schuldschein der österreichischen Asfinag über ihre neue Blockchain-Plattform platziert. Bisher ist diese Plattform nur für die Erste Bank als Arrangeur offen. Auch hier werden Emittenten mit geringeren Gebühren und mehr Effizienz gelockt und zusätzlich Beratungs- und Bankleistungen verkauft.

FinPair

Gegründet Ende 2018 durch die NordLB möchte sich FinPair als unabhängige Direktplattform etablieren, auf der Emittenten direkt an Investoren herantreten können. Zahlstelle für Transaktionen ist die NordLB selbst, und natürlich werden auch hier die Beratungsleistungen der NordLB als Leistung angeboten.

FinTechs als Plattformanbieter

Neben diversen Banken drängen seit einigen Monaten auch diverse FinTechs neu auf den elektronischen Vermittlermarkt für Schuldscheindarlehen und versuchen, ein Stück des lukrativen Gebühren-Kuchens zu bekommen. Beispiele dafür sind die Plattformen CredX aus Köln, Firstwire, ebenfalls aus Köln, oder auch das österreichische Unternehmen FinnestPro, das übrigens nur über eine Handynummer erreichbar ist. Sie wenden sich derzeit hauptsächlich an sehr kleine Unternehmen sowie Kommunen.