Schuldscheindarlehen sind in ihren Gestaltungsmöglichkeiten mindestens so flexibel wie andere Fixed Income Instrumente. Je nach Interesse, Risikoappetit und Renditeanforderungen können neben verschiedenen Formen der Verzinsung jederzeit auch Optionen eingefügt werden.

Der Vorteil bei Schuldscheindarlehen ist, dass jede einzelne Tranche einer Emission komplett andere Eigenschaften haben kann. Theoretisch kann jedem Investor seine eigene, maßgeschneiderte Mini-Emission verkauft werden. International agierende Unternehmen legen auch immer wieder Tranchen in Fremdwährungen auf.

Der Anzahl der Tranchen ist grundsätzlich kein Limit gesetzt. Rein praktisch bevorzugen Emittenten und abwickelnde Banken allerdings möglichst einheitliche Tranchen. Zudem können nicht alle Berechnungsstellen und Banken komplexe Zinsformeln darstellen oder berechnen.

Ausgestaltung der Verzinsung

Neben den gängigen Plain Vanilla fix oder floating Schuldscheindarlehen besteht auch die Möglichkeit, exotischere Komponenten mit in den Zins einzubauen. Grund ist in der Regel eine Erhöhung der Rendite durch den Verkauf von Optionen. Bei Corporate Schuldscheindarlehen findet man fast ausschließlich rein fixe und variable Tranchen. Komplexere Zinsformeln und CMS Floater sind eher bei Banken und Länder-Schuldscheinen sowie Namensschuldverschreibungen anzutreffen. Die relativ einfache Ausgestaltung der Zinsformel hat aber auch mit den Bilanzierungsregeln nach IFRS zu tun, denn treten andere Ziele als die Erzielung von Zins- und Tilgungsleistungen auf – zum Beispiel Spekulation auf Korrelationen oder Währungen – so könnte das Schuldscheindarlehen aus der Klasse „Amortized Cost“ herausfallen und eine Fair Value Bilanzierung nötig werden.

  • Fix verzinste Tranchen: Der Zins wird über die gesamte Laufzeit festgeschrieben. In der Regel wird die Kuponberechnung ähnlich wie bei Bonds auf der Basis jährlich 30/360 unadjusted following vorgenommen. Der Zins wird zu Beginn als Spread über dem Mid-Swap-Satz der jeweiligen Laufzeit der Tranche fixiert, dann aber als fester Zins in den Darlehensvertrag geschrieben.
  • Variabel verzinste Tranchen: Hier wird heute meist ein Floor von 0% vereinbart, wie bei vielen Fixed Income Produkten seit dem Auftreten negativer Zinssätze am kurzen Ende. Vorsicht hier vor der Unterscheidung zwischen Kuponfloor und Euribor-Floor! Der variable Zins ist heute meist der 3-Monats-Euribor oder der 6-Monats-Euribor. In den meisten Fällen wird hier noch eine zusätzliche Klausel eingebaut, da in Zukunft möglicherweise keine Euribor-Sätze mehr genutzt werden können und somit ein Nachfolge-Referenzsatz vereinbart werden muss (z.B. Ester). Variabel verzinste Tranchen sind mit einer Vorankündigung von drei Monaten jederzeit kündbar.
  • Variable Tranchen mit fixem Startkupon: Der Kupon ist zu Beginn ein fest verzinster Kupon, der sich danach in einen variablen Kupon wandelt. Während der fix verzinsten Phase ist das Schuldscheindarlehen damit nicht kündbar, sondern erst mit Beginn der variablen Verzinsung.
  • Step-Up Kupons: Diese Form wird häufig gemeinsam mit Financial Covenants gefunden. Verschlechtern sich bestimmte Finanzkennzahlen über einen festgelegten Wert, so erhöht sich der Zinssatz um einen festgelegten Wert.
  • CMS Kupons: Constant Maturity Swap Kupons sind variabel verzinste Schuldscheindarlehen, deren Referenzzins nicht vom kurzen und dadurch bei normaler Zinskurve niedrigen Ende stammt, sondern vom langen Ende. Meist wird als variabler Kupon der 10-jährige Euro-Swap Satz (10Y EUR CMS) herangezogen. Der Spread darauf ist meist niedriger als auf einen Referenzsatz vom kurzen Ende wie etwa Euribor oder EONIA (bald Ester). Eine Verflachung der Zinskurve während der Laufzeit ist für den Schuldner günstiger, eine Versteilerung der Kurve für den Gläubiger. Da es sich um eine variable Verzinsung handelt, ist das Schuldscheindarlehen mit einer Vorankündigung von drei Monaten jederzeit kündbar.
  • Tranchen mit Kündigungsrechten: Fix verzinste Tranchen sind grundsätzlich in den ersten zehn Jahren der Laufzeit nicht kündbar. Werden während dieser Zeit Kündigungsrechte von Seiten der Emittentin in das Schuldscheindarlehen eingebaut, so sind das Call-Optionen. Die Darlehensnehmerin muss den Darlehensgebern für diese Call-Optionen eine Prämie bezahlen. Wie üblich bei verzinsten Fixed Income Produkten, wird die Prämie über die Laufzeit auf den Zins aufgeschlagen. Die Rendite erhöht sich entsprechend.
  • Nullkupon Tranchen: Bei Corporate Schuldscheindarlehen ist diese Form ausgesprochen selten. Sie findet sich relativ häufig bei Schuldscheindarlehen, die von Banken und Sparkassen begeben werden. Sie kommen in den Varianten aufgezinst und abgezinst vor. Im ersten Fall wird das Schuldscheindarlehen zu 100% des Nominals begeben und mit einem je nach Zinshöhe darüber liegenden Prozentsatz (z.B. 110%) getilgt. Im abgezinsten Fall wird das Schuldscheindarlehen zu einem unter Par liegenden Betrag begeben und zu 100% getilgt. Welche Variante gewählt wird hängt von den Anforderungen und Bilanzierungs- und Bewertungsregeln der Käufer ab.
  • Floors, Caps, Collars: Variable Tranchen weisen heute beinahe immer einen Mindestkupon von 0% auf, um der Frage von negativen Zinssätzen zu entkommen. Wichtig dabei ist die Detailfrage, ob sich der Floor auf den Referenzsatz inklusive oder exklusive Spread bezieht, es sich also um einen Kuponfloor oder einen Euribor-Floor handelt! Der Floor kann zudem auch über 0% liegen. Floors mit Strikes über 0% sind entsprechend teuer. Sie werden häufig durch den gleichzeitigen Verkauf von Caps (teil)finanziert (=Collar).

Vertragsklauseln (Financial und Non-Financial Covenants)

Im Schuldscheindarlehen ist es den Vertragsparteien frei gestellt, zusätzliche Vereinbarungen zu treffen. Meist geht es dabei um Sicherheiten und Bonitätsklauseln. Welche Klauseln Verwendung finden hängt stark vom Investor ab sowie der Nachfrage. Ist die Nachfrage nach dem Schuldscheindarlehen hoch, werden Investoren eher geneigt sein, auf Sonderklauseln zu verzichten, um als Investor berücksichtigt zu werden. Besonders kleine oder schwache Schuldscheinemittenten müssen eher auf Klauseln eingehen. Versicherungsunternehmen bevorzugen Schuldscheindarlehen mit einer Reihe von Covenants, um sicherzustellen, dass die Anlage bis zum Ende der Laufzeit ihren Anlagerichtlinien entspricht. Nicht immer lassen sich diese Wünsche durchsetzen. Die am häufigsten anzutreffenden Formen von Covenants und außerordentlichen Kündigungsrechten sind:

  • Gleichrangigkeitsklausel: Der Pari Passu verbietet es dem Schuldner, keine zum Schuldscheindarlehen höherrangigen Darlehen und Verbindlichkeiten einzugehen.
  • Negativklausel: Im Negative Pledge verpflichtet sich der Schuldner, anderen oder zukünftigen Gläubigern des Unternehmens keine Vermögensgüter als Sicherheiten zur Verfügung zu geben. Die Negativklausel kann Verfügungsverbote, Belastungsverbote und Verpflichtungsverbote enthalten.
  • Kontrollwechsel-Klausel: Die „Change of Control“ Klausel verbietet es entweder dem Schuldner, eigene Anteile in bestimmter Höhe zu veräußern, oder sie gewährt dem Darlehensgeber im Falle eines Kontrollwechsels besondere Rechte (z.B. Sonderkündigungsrecht).
  • Drittverzugsklausel und Cross-Default-Klausel: Gerät der Schuldner bei anderen Verbindlichkeiten in Zahlungsverzug, so hat der Darlehensgeber ein außerordentliches Kündigungsrecht.
  • Finanzkennzahlen: Es gibt eine ganze Reihe von Financial Covenants, meist in Form von Verhältniszahlen ausgedrückt („Ratios“). Verschlechtert sich die betreffende Finanzkennzahl, so erhöht sich beispielsweise der Zinssatz oder hat der Investor ein außerordentliches Kündigungsrecht, je nach Vereinbarung. Auf welche Finanzkennzahlen referenziert wird, kann individuell pro Tranche separat vereinbart werden. Häufig anzutreffen ist etwa der Verschuldungsgrad, aber auch die Eigenkapitalquote, die (Gesamt)kapitalrentabilität, Cash-Flow Zahlen oder Anlagendeckungsgrad.
  • Rating-Klauseln: Sinkt das externe Rating eines Unternehmens unter einen bestimmten Wert, so erhält der Investor z.B. eine höhere Verzinsung oder hat ein außerordentliches Kündigungsrecht.